Zwei Jahre nach dem Wechsel im Kanzleramt ist deutlich: Wir können die derzeitige Asyl- und Flüchtlingspolitik so nicht weiter verfolgen.
Der deutsche Staat hat eine Fürsorgepflicht für geflüchtete Personen, die nach Deutschland einreisen und einen Schutzstatus erhalten. Ebenso gilt dieses Fürsorgeversprechen für die eigene Bevölkerung. Alle Menschen in Deutschland brauchen Bildung, Ausbildung, Wohnraum und Sicherheit. Eine gelingende Integration von zugewanderten Personen setzt zudem eine aktive, kapitalintensive Integrationspolitik voraus – unter anderem in den Bereichen Spracherwerb, Unterbringung und Berufsbildung.
Diese Fürsorgepflicht können wir derzeit weder gegenüber der eigenen Bevölkerung noch gegenüber geflüchteten Personen in ausreichender Qualität erfüllen. Die Zahl der in Deutschland ankommenden Personen bringt die Kommunen an den Rand des Machbaren und darüber hinaus. Der Wohnungsmarkt, Schulen, Kitas und das Gesundheitssystem sind bereits jetzt überlastet und können nur durch – notwendige, aber nur langfristig realisierbare – massive Investitionen stabilisiert werden.
Es ist seit langem bekannt, dass sich Menschen im Asylsystem befinden, die nicht eigentlich schutzbedürftig sind, und die, wenn überhaupt, dann im Rahmen eines Systems der Arbeitsmigration einwandern dürften. Dieses Problem soll mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem angegangen werden. Und in der Tat ist das GEAS ein wichtiger und richtiger Schritt zu einer besseren Regulierung von Migration. Durch das GEAS sollen Anträge von Personen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von < 20% zukünftig in Grenzverfahren behandelt werden, wo abschließend und im Regelfall negativ über den Aufenthaltsstatus entschieden wird.
Das ist ein Fortschritt. Es war richtig, dass die Ampelkoalition parallel dazu das Fachkräfteeinwanderungsgesetz geschaffen hat. Das GEAS und das Gesetz bedingen und ergänzen sich gegenseitig. Durch die Kombination dieser beiden Ansätze werden Personen aus den betroffenen Ländern im Idealfall auf einen regulären Migrationsweg nach Deutschland und Europa ausgerichtet.
Olaf Scholz hat nun entschieden: Deutschland wird das GEAS nicht länger blockieren. Damit hat sich der Bundeskanzler in der Koalition durchgesetzt. Das unterstütze ich ausdrücklich. Ein Politikwechsel in Deutschland ist die Voraussetzung für mehr europäische Einigkeit und Solidarität. Bei meinen Gesprächen mit südeuropäischen Partnern wird für mich immer wieder deutlich: Die deutsche Haltung findet in Europa keinerlei Akzeptanz. Auch im Sinne des europäischen Gedankens muss Deutschland seine Politik ändern.
Wir brauchen eine Politik, die sowohl humanitär als auch geordnet ist. Dafür setze ich mich ein.